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Autorin: Heike Behrens (Meisterin der Hauswirtschaft)
Die
Zöliakie auch Heubner-Herter-Krankheit oder einheimische
Sprue genannt (wie das Krankheitsbild
heißt, wenn es erst beim Erwachsenen auftritt), ist eine
Unverträglichkeit gegenüber dem Klebereiweiß Gluten, die zu einer
chronischen Erkrankung des Dünndarms führt. Die Krankheit ist nicht
heilbar und lässt sich nur durch einen lebenslangen Verzicht auf
glutenhaltige Lebensmittel in den Griff bekommen.
Unser Körper hat die lobenswerte Eigenschaft, Krankheitserreger wie Viren und Bakterien zu erkennen und sie durch die Bildung spezifischer Antikörper zu bekämpfen. Bei einem Zöliakiepatienten erkennt das Immunsystem des Körpers Bestandteile des Glutens als Feind an und reagiert mit der Produktion von Antikörpern. Diese Antikörper richten sich leider nicht nur gegen Gluten, sondern auch gegen das eigene Gewebe. Die Folge ist eine Entzündung der Dünndarmdarmschleimhaut.
Gluten ist eine allgemeine Bezeichnung für in Alkohol lösliche Getreideeiweiße, auch Prolamine genannt. Sie sind von Natur aus in den meisten Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Dinkel, Gerste, Grünkern und Hafer (glutenkontaminiert) enthalten. Da sich die Prolamine zwischen den Getreidesorten unterscheiden, haben sie verschiedene Namen: Im Weizen werden sie Gliadin und Glutenin genannt, im Roggen Secalin, in der Gerste Hordein und im Hafer Avenin. Klebereiweiße sorgen für die guten Backeigenschaften des Getreides: Durch sie hält der Teig zusammen und bleibt elastisch, erhält ausreichend Feuchtigkeit und sie sorgen dafür, dass Backwaren eine schöne Kruste erhalten. |
In unserem Dünndarm werden Nährstoffe aufgenommen und an das Blut weitergegeben. Damit er diese Funktion optimal erfüllen kann, ist die Oberfläche des Dünndarms enorm vergrößert. Die Schleimhaut bildet hohe Falten (Kerckring-Falten) und obendrein dicht stehende Darmzotten. An deren Spitzen wiederum sitzen kleine Ausstülpungen (Mikrovilli).
Durch die entzündlichen Prozesse bei einer Zöliakie verringert sich die Oberfläche des Dünndarms und es kommt zu einer chronischen Mangelversorgung des Körpers.
In Europa tritt Zöliakie bei 0,5-1 % der Menschen auf. In Deutschland ist ca. ein Mensch von 200 an Zöliakie erkrankt. (Quelle: Pschyrembel, 2010)
Bis heute konnte die Ursache für eine Zöliakie nicht vollständig geklärt werden. Wahrscheinlich müssen verschiedene Voraussetzungen zusammentreffen, damit es zu einer Erkrankung kommt:
die genetische Veranlagung,
äußere Auslöser,
eine Ernährung mit glutenhaltigen Lebensmitteln.
Unter Umständen beeinflussen aber auch noch weitere Faktoren, wie die Länge der Stillzeit oder bisher unbekannte Gene das Auftreten der Krankheit.
Bisher werden zwei Gene mit der Zöliakie in Verbindung gebracht: HLA DQ2 und HLA DQ8. Aber etwa ein Viertel der Menschen, die diese Gene besitzen, erkranken nicht.
Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten. Teilweise wird die Krankheit erst durch ein besonderes Ereignis ausgelöst, nachdem die ersten Symptome auftreten. Auslöser können beispielsweise eine Schwangerschaft, eine Operation oder eine schwere körperliche Verletzung (Unfall) sein. Aber auch schwere psychische Belastungen zählen zu den Auslösern wie Scheidung, Arbeitslosigkeit, ein Todesfall oder ein anderes Trauma.
Direkte Maßnahmen, sich vor Zöliakie zu schützen, gibt es nicht. Erst nach Bemerken der Symptome kann man darauf reagieren. Bei Babys zeigen sich die Symptome häufig frühestens mit sechs Monaten, also in einem Alter, indem sie zum ersten Mal mit glutenhaltigen Nahrungsmitteln (meist in Breigemischen) in Berührung kommen.
Bei einer typischen Zöliakie im Kindesalter treten meist folgende Symptome auf:
Bei älteren Kindern und Erwachsenen sind die Symptome häufig nicht so deutlich ausgeprägt; neben Beschwerden im Magen-Darm-Trakt sind viele weitere beschrieben. Erwachsene haben beispielsweise zu kämpfen mit:
Nicht alle Symptome einer Zöliakie müssen auftreten. In vielen Fällen tritt "nur" eines sehr stark auf, wodurch die Diagnose oft unentdeckt bleibt und die Zöliakie infolgedessen lange unbehandelt bleibt.
Zöliakie ist eine unheilbare, lebenslang bestehende Krankheit! Kein Medikament kann die Krankheit behandeln. Die einzige wirksame Therapie gegen Zöliakie besteht aus einem lebenslangen Verzicht auf glutenhaltige Nahrungsmittel. Mit dem sofortigen Stopp der Glutenaufnahme regeneriert sich der Körper. Der Verzicht wird dadurch erschwert, dass in vielen gängigen Lebensmitteln Gluten steckt. Besonders bei Fertigprodukten muss genau auf die Zutatenliste geachtet werden, da Gluten gerne als Emulgator, zum Gelieren, Stabilisieren und als Träger von Aromastoffen eingesetzt wird und dies nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen ist.
Auch Kinder müssen lernen, dass so leckere Speisen wie Pizza, Nudeln, Kuchen, Schokolade etc. zukünftig durch andere Produkte ersetzt oder ganz vom Speiseplan gestrichen werden müssen.
Glutenfrei sind:
Reisnudeln, asiatische Glasnudeln, glutenfreie Nudeln, Kartoffeln, Mais, Buchweizen, Reis, Hirse (ganz), Wildreis, Quinoa (ganz), Amaranth (ganz), Teff (Zwerghirse), Tapioka und alle Hülsenfrüchte (ohne weitere Zusätze).
Evtl. glutenhaltig sind:
Puffreis, Cornflakes, Popcorn, Kartoffelchips, Kartoffelerzeugnisse wie Pommes frites aus Kartoffelteig, Reibekuchen, Kartoffelkroketten.
Vorfrittierte Pommes frites, aus geschnittenen Kartoffeln. Hier besteht eine Kontaminationsgefahr, wenn die Lebensmittel in einer Fritteuse zubereitet sind, in der auch andere panierte Speisen ausgebacken wurden.
Glutenhaltig sind:
Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Grünkern, Nudeln sowie sämtliche nicht glutenfreie Brote.
Hafer: In einigen Studien wird Hafer als gefahrlos für Zöliakieerkrankte beschrieben. Da aber einige Studienteilnehmer vorzeitig die Teilnahme abgebrochen haben, konnte die Unverträglichkeit nicht abschließend geklärt werden. Zusätzlich ist Hafer häufig mit anderen Getreidesorten wie z. B. Dinkel verunreinigt. Deshalb muss bei einer glutenfreien Ernährung auf Hafer verzichtet werden.
Unbedenklich sind:
Frisches Obst und Gemüse, tiefgefrorenes Obst und Gemüse (unbehandelt), Obstkonserven, wenn als Zutaten nur Wasser und Süßungsmittel angegeben sind.
Folgende Lebensmittel sollten genauer geprüft werden:
Konserven mit Geschmacksverstärker/Säuerungsmittel/Aroma- und Konservierungsstoffe, Trocken- und kandierte Früchte, gefrorene Gemüsezubereitung, die Soße und/oder Gewürze enthalten können.
Glutenfrei sind Milchprodukte in unbehandelter und natürlicher Form wie:
Milch, Naturjoghurt, Quark, Sahne, Schmand, Buttermilch, Quark, saure Sahne, natürlich gereifte Käsesorten wie Gouda, Edamer, Emmentaler, Tilsiter, Camembert und Brie (alle am Stück). Kontaminationen sind möglich, wenn der Käse mit einer verunreinigten Maschine geschnitten wird.
Folgende Produkte sollten auf Glutenhaltigkeit überprüft werden:
Geriebener Käse (glutenhaltige Trennmittel), Fruchtjoghurt (in der Fruchtzubereitung kann Gluten enthalten sein), Frischkäse- und Schmelzkäsezubereitung sowie Käsepastete, Blauschimmelkäse, Backkäse und Käsefondue.
Glutenhaltig sind:
Joghurt mit Keksen und/oder Getreide, Käsesorten mit bemehlter Rinde (Fol Epi) und Käse-Imitat.
Unbedenklich sind:
Alle naturbelassenen Fische, Muscheln und andere Meeresfrüchte,
Tiefgekühltes, unpaniertes Fischfilet, tiefgekühlte Calamari,
Naturbelassenes Fleisch sowie naturbelassenes Hackfleisch. Hier muss mit dem Fleischer/in gesprochen werden, um Kontaminationen z. B. mit Paniermehl oder Gewürzen von anderen Produkten auszuschließen.
Folgende Produkte sollten auf Glutenhaltigkeit überprüft werden:
Alle Wurstsorten, Bratwürstchen und Wiener sowie Fleisch- und Wurstzubereitung,
Sushi, Krabben in Salzlake.
Glutenhaltig sind:
Hackbraten, Frikadellen, Fleischklöße sowie panierte Schnitzel und alle anderen Fleischerzeugnisse, die Getreideerzeugnisse enthalten können;
Panierte Fischerzeugnisse wie Schlemmerfilet.
Unbedenklich sind:
Zucker, flüssiger Süßstoff, Honig, Stevia, Apfel- und Birnendicksaft, Reissirup sowie Melasse und Ursüße.
Folgende Produkte sollten auf Glutenhaltigkeit überprüft werden:
Dekor- und Puderzucker.
Unbedenklich sind:
Kaffee, Wasser (vom Leitungswasser bis zum Mineralwasser), nicht aromatisierter Tee, Fruchtsäfte (100 % Direktsaft oder aus Konzentrat), "echter" Kakao sowie Weiß- und Rotwein, glutenfreies Bier.
Folgende Getränke könnten Glutenzusätze beinhalten:
Alle Getränke mit Aromazusatz (Tee, Wasser, Kaffee), Milchmischgetränke, Mix- und Mischgetränke, Liköre und Magenbitter, kakaohaltiges Getränkepulver.
Glutenhaltig sind:
Malzkaffee, Getreidekaffee, Bier, Malzbier und alle anderen Malzgetränke.
Die Deutsche Zöliakiegesellschaft e. V. (DZG) gibt
jährlich eine aktualisierte ausführliche Produktliste heraus. Die
Nahrungsmittelindustrie hat inzwischen auf die zunehmenden Fälle von
Zöliakie reagiert und viele Produkte als glutenfreie Version
hergestellt. Glutenfreie Nahrungsmittel sind an einer durchgestrichenen
Ähre oder der Aufschrift "glutenfrei" zu erkennen. Weitere Informationen
zur
glutenfreien Ernährung
finden Sie auf den Seiten der DZG.
Mit der glutenfreien Nahrungsmittelauswahl allein ist es aber nicht getan. Bei Arzneimitteln sowie Kosmetika ist ebenfalls darauf zu achten, dass sie kein Gluten enthalten. In Zahnpasta oder Lippenstift beispielsweise kann Gluten als Trägerstoff für Farben oder Aromen eingesetzt werden. Auch glutenhaltige Knete kann zu Problemen führen. Zwar wird wohl keiner auf die Idee kommen Knete zu essen, aber beobachten Sie sich, wie oft Sie zwischendurch mit den Händen an den Mund kommen. So könnten versehentlich winzige Teile in den Mund gelangen.
Seit dem 25.11.2005 müssen Zutaten, die in Europa häufig Allergien/Unverträglichkeiten auslösen, auf der Zutatenliste verpackter Produkte angegeben werden. Die bis zum 25.11.2005 nach altem Recht hergestellten Produkte dürfen abverkauft werden! Von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind Produkte, die zwar ursprünglich aus glutenhaltigem Getreide gewonnen wurden, aber als nicht schädlich für Zöliakie-Erkrankte eingestuft sind. Darunter fallen: z. B. Maltodextrine, Glucosesirup, Glukose und durch Destillation gewonnene Spirituosen aus Getreideerzeugnissen (beispielsweise Whisky ohne Malz-Zusatz).
Die EU-Verordnung Nummer 41/2009 befasst sich mit der
Zusammensetzung und Kennzeichnung von Lebensmittel, die für Menschen mit
einer Glutenunverträglichkeit geeignet sind. Diese Verordnung lässt
bestimmte Glutenhöchstgehalte in betreffenden Lebensmitteln zu, da es
technisch sehr schwierig ist, völlig glutenfrei zu produzieren.
Artikel 3 beschreibt die Zusammensetzung und Kennzeichnung der betreffenden Lebensmittel:
Bei Lebensmitteln, die aus Weizen, Roggen, Gerste, Hafer oder ihren Kreuzungen bestehen oder diese enthalten, darf der Glutengehalt höchstens 100 mg pro kg Lebensmittel betragen. Diese Produkte dürfen auch mit der Bezeichnung "sehr geringer Glutengehalt" gekennzeichnet werden;
Produkte, die als "glutenfrei" gekennzeichnet sind, dürfen höchstens 20 mg Gluten pro kg enthalten;
Der Glutengehalt von Lebensmitteln mit Hafer darf maximal 20 mg/kg betragen. Der Hafer darf nicht mit Gerste, Roggen, Weizen und deren Kreuzungen verunreinigt sein;
Auch Lebensmittel, die eine Zutat oder mehrere Zutaten enthalten, die aus Weizen, Roggen, Gerste, Hafer oder ihren Kreuzungen bestehen, diese enthalten oder ersetzen, darf der Glutengehalt maximal 20 mg/kg betragen.
Diese Verordnung trat am 1. Januar 2012 in Kraft.
Seit dem 13. Dezember 2014 müssen auch auf unverpackten
Lebensmitteln die 14 häufigsten Allergene gekennzeichnet sein → Beispiel für die
Kennzeichnung auf einem Speiseplan. Weitere Informationen
Allergenkennzeichnung,
Kennzeichnung
Glutenfrei, Bundeszentrum für Ernährung.
Sollten Sie eine rein glutenfreie Küche führen, so haben Sie mit der
Lagerung kein Problem. Es besteht keine Gefahr der Kontamination durch
nicht glutenfreie Produkte. Sobald Sie aber auch glutenhaltige
Lebensmittel vorhalten möchten, müssen Sie die Trennung zwischen den
verschiedenen Lebensmitteln gewährleisten. Die richtige Lagerung ist
sehr wichtig. Glutenfreie Zutaten sollten immer gut verpackt und
getrennt von glutenhaltigen Lebensmitteln aufbewahrt werden, wie z. B.
in Plastikbehältern, Dosen und Gläsern mit Schraubverschluss. Besonders
wichtig ist die getrennte Lagerung und Verarbeitung von glutenfreien
Broten und Backwaren mit glutenhaltigen Broten und Backwaren.
Das scheint im ersten Moment recht einfach, aber haben Sie schon mal
einen Blick in den Toaster geworfen? Gerade Brotkrumen verteilen sich
wunderbar in der Küche und es ist keinem anzusehen, ob er Gluten enthält
oder nicht. Es müssen Strategien entwickelt werden, wie eine
Kontamination glutenfreier Lebensmittel verhindert werden kann.
Grundsätzlich gibt es verschiedene Wege hierfür. Sie können alles
doppelt einkaufen und die glutenfreien Arbeitsmittel entsprechend
kennzeichnen oder ihnen eine bestimmte Farbe zuweisen. Dafür wird nicht
nur viel Platz, sondern auch einiges Geld benötigt. Eine andere
Möglichkeit ist, die Mahlzeiten zeitlich versetzt zuzubereiten. Kochen
Sie zuerst die glutenfreien Speisen und anschließend die glutenhaltigen
oder Sie säubern zwischendurch alle Arbeitsmittel. Nichtsdestotrotz bei
einigen Dingen, wie Toaster oder auch Kuchen- und Brotbackformen, die
sich nicht gründlich reinigen lassen, wird es unumgänglich sein, sich
zwei Exemplare anzuschaffen und sie entsprechend zu kennzeichnen.
Auf Folgendes sollte in der Praxis geachtet werden:
Sämtliche Arbeitsmittel müssen vor Arbeitsbeginn gründlich gereinigt werden, angefangen von der Arbeitsfläche bis zum kleinsten Löffel;
Arbeitsgeräte aus Holz sind ungeeignet, denn sie lassen sich nicht gründlich reinigen. Wie die vergrößerte Aufnahme (→ Abbildung) einer Holzoberfläche zeigt, können sich in den Rillen wunderbar glutenhaltige Lebensmittel festsetzen, die sich durch einfaches Spülen auch nicht entfernen lassen;
Glutenfreie Lebensmittel dürfen nicht in demselben Frittierfett ausgebacken werden wie glutenhaltige Produkte;
Auch eine Getreidemühle bzw. deren Mahlaufsatz gehört zu den Geräten, die doppelt vorhanden sein müssen. Die andere Variante ist, dass Sie das Gerät ausschließlich für glutenfreies Getreide verwenden;
Zum Aufschneiden von Broten müssen sowohl ein separates Schneidbrett wie auch ein Brotschneidemesser vorhanden sein;
Verwenden Sie für das Brot zwei getrennte Brotkörbe;
Möchten Sie Paniertes zubereiten, braten Sie zuerst die glutenfreien Lebensmittel und anschließend die glutenhaltigen;
Teigwaren müssen getrennt gekocht werden und dürfen auch nur mit separatem Kochbesteck in Berührung kommen;
Wichtig ist auch darauf zu achten, dass die verwandten Spültücher, Geschirr- und Handtücher sowie Küchenschürzen frei von Gluten sind, also sich z. B. keine Mehlreste auf ihnen befinden.
In der Regel findet jedes Jahr am 3. Wochenende im Mai der
Welt-Zöliakie-Tag durch die AOECS – Association of European Coeliac Societies
(Hauptorganisation der europäischen Zöliakie-Gesellschaft) in Nürnberg
statt. Dadurch wird die Zöliakie der Öffentlichkeit näher gebracht und
stärkt das Gefühl der Zusammengehörigkeit von Zöliakie-Erkranktenn.
In der katholischen wie auch der evangelischen Kirche werden bei der
Eucharistiefeier grundsätzlich glutenhaltige Hostien verwendet, jedoch
gibt es für Zöliakie-Betroffene Ausnahmen, um an der Kommunion bzw. dem
Abendmahl teilzunehmen. Es sollte mit der Gemeindeleitung die
Durchführung besprochen werden. Die Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V.
bietet Bezugsquellen
für glutenfreie Hostien an.
Eine Behinderung ist in Deutschland nach
§ 2 Abs. 1 Neuntes (IX) Sozialgesetzbuch -
Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen so
definiert:
"Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist."
Zöliakie-Betroffene können beim zuständigen Versorgungsamt einen Antrag
auf Schwerbehinderung stellen. Diese stellen den Grad der Behinderung
unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Merkmale fest. Dafür werden
ärztliche Unterlagen an den ärztlichen Dienst weitergeleitet und dieser
entscheidet aufgrund der vorliegenden Unterlagen, ob eine Einstufung
vorgenommen werden kann. Laut der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft wird für Zöliakie
eine Grad der Behinderung von 20 anerkannt.
Die betroffenen Personen mit einer Gluten-Intoleranz / Zöliakie sind
gezwungen, ohne Rücksicht auf den Preis, glutenfreie Lebensmittel zu
kaufen. Es gibt keine Alternative, denn glutenfreie Ernährung ist die
einzige Therapie. Diese speziellen Lebensmittel sind sehr kostspielig,
z. B. kosten Nudeln etwa das Dreifache, Mehl sogar das Fünffache des
Preises handelsüblicher Produkte.
Anhand des folgenden Beispiels der Kostenberechnung eines Pizzateiges
sieht man, dass der finanzielle Aufwand für diese spezielle Ernährung in
etwa das Dreifache des Aufwandes für herkömmliche Ernährung beträgt.
glutenfrei | glutenhaltig | ||
500 g | helles Mehl | 3,69 € / kg = 1,85 € | 0,33 € / kg = 0,17 € |
1 Päckchen | Trockenhefe | 0,69 € / 3 Stk. = 0,23 € | 0,69 € / 3 Stk. = 0,23 € |
1 TL | Fiber-Husk / Flohsamen ca. 10 g | 18,15 € / kg = 0,18 € |
-
|
1 TL | Meersalz ca. 10 g | 1,46 € / kg = 0,15 € | 1,46 € / kg = 0,15 € |
½ TL | Vollrohrzucker ca. 5 g | 6,98 € / kg = 0,03 € | 6,98 € / kg = 0,03 € |
2 EL | Olivenöl ca. 20 ml | 2,99 € / 0,5 l = 0,12 € | 2,99 € / 0,5 l = 0,12 € |
400 ml | lauwarmes Wasser |
-
|
-
|
1 Dose | Geschälte, gehackte Tomaten | 0,65 € | 0,65 € |
Mozzarella | 0,69 € | 0,69 € | |
Belag: | |||
50 g | Salami | 23,50 € / kg = 1,18 € | 4,50 € / kg = 0,23 € |
100 g | Thunfisch | 4,51 € / kg = 0,45 € | 4,51 € / kg = 0,45 € |
50 g | Schinken | 29,90 € / kg = 1,50 € | 15,90 € / kg = 0,80 € |
1 Dose | Ananas ca. 170 g | 14,90 € / kg = 2,53 € | 1,41 € / kg = 0,24 € |
Insgesamt | 9,56 € | 3,76 € |
Besonders schwierig ist die Lage für Empfänger von Sozialhilfe. Sie
können eine Krankenkostzulagen
bewilligt bekommen. Diese Speziallebensmittel sind direkt bei den
Herstellern (Versandweg) oder auch in Reformhäusern und größeren
Naturkostläden erhältlich. Auch in Supermärkten und Drogeriemärkten
nimmt das Angebot an glutenfreien Produkten erfreulicherweise stetig zu.
Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e. V. (DZG)
Internisten im Netz: Was ist
Zöliakie?
In einem Daten- und Faktenblatt, das in
Kooperation mit der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie
(DFA) mit dem Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) erstellt wurde, kann
der Glutengehalt (Mittelwert) von 43 ausgewählten Lebensmitteln und
Getränken nachgesehen werden. Die Daten stehen als PDF-Datei zum
Download zur Verfügung.
http://www.kern.bayern.de/shop/flyer/119948/index.php
Norddeutscher Rundfunk (2018): Ernährung bei Zöliakie (glutenfrei). Zugriff am
24.1.2018
DocCheck Flexikon - Das Medizinlexikon zum
Mitmachen: Dünndarmschleimhaut,
aufgerufen am 22.2.2013
Wikipedia: Zöliakie, zuletzt
aufgerufen am 22.2.2013 um 15:08 Uhr
Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e. V.
(DZG): Die Kennzeichnung von Lebensmitteln, aufgerufen am
22.2.2013
Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e. V.
(DZG): Kontaminationsrisiken im Haushalt, aufgerufen am
22.2.2013
Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e. V.
(DZG): Kommunion/Abendmahl mit Zöliakie/Sprue, aufgerufen
am 22.2.2013
Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e. V.
(DZG): Zöliakie und Schwerbehinderung, aufgerufen am
22.2.2013
Ärzte Zeitung: Zöliakie-Patienten fordern Finanzhilfen vom
15.05.2009
Trudels glutenfreies Kochbuch: Pizza,
aufgerufen am 22.2.2013
Glutenfrei-billig.de
Twenga.de
Internisten im Netz: Zöliakie:
Ursachen & Risikofaktoren, aufgerufen am 22.2.2013
Internisten im Netz: Was ist
Zöliakie?, aufgerufen am 22.2.2013
digitalefolien.de: Bau
und Funktion des Dünndarms
IQWiG (Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen): Zöliakie (Link nicht mehr
verfügbar)
Andrea Hiller: Köstlich essen bei Zöliakie, 2005
Andrea Hiller: Richtig einkaufen – Glutenfrei, 2010
Andrea Hiller: Zöliakie – Einfach auf glutenfrei umstellen, 2012
Danna Korn: Glutenfrei leben für Dummies, 2008
Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, 2010
Mörike, Betz, Mergenthaler: Biologie des Menschen, 1991